Montag: Mit dem Bollerwagen voller Farben und Papier ziehen wir über die Maximilianstraße in Richtung Dom. Im Park, zwischen Dom und Heidentürmchen, packen wir unsere Malutensilien aus. Auf Tapetenrollen sammeln wir Schatten - die von Bäumen und Sträuchern mit ihren unterschiedlich dicken Ästen und ihren Blättern. Wir entdecken dabei auch unsere eigenen Schatten, die wir lustig verändern können und helfen uns gegenseitig, diese mit Ölkreide einzufangen und phantasievoll auszugestalten.
Dienstag: Wir entdecken mit Oliver Schollenberger "Die Farben des Adenauer Parks". Bei einem Spaziergang macht uns der bekannte Maler aufmerksam auf die vielen unterschiedlichen Farbtöne und Schattierungen. Mit größter Sorgfalt werden die Farben ausgewählt und so lange gemischt, bis der gewünschte Farbton erreicht ist. Zufrieden und stolz präsentieren wir unsere Bilder an einer Wäscheleine zwischen zwei Bäumen.
Mittwoch: Leider müssen wir heute bei leichtem Nieselwetter los. Unser Ziel ist der Judenhof, wo wir vorsichtig die Stufen zur Mikwe, dem Ritualbad der Juden hinuntersteigen. Wusstest du, dass es dort eine kleine, gemauerte Nische zum Umkleiden gibt? Eine kleine Aussparung in der Mauer war dafür gedacht, vor dem Bad den Schmuck abzulegen. Unter dem großen Glasdach haben wir Phantasieblumen aus unterschiedlichen Materialien wie Stoff, Krepp- und Seidenpapier, Draht, Korken und Schwämmen gestaltet und sie am Geländer der Mikwe arrangiert. Wir haben gar nicht mehr bemerkt, dass es regnet und die Zeit ist im Nu vergangen.
Donnerstag: Weil es ihm so gut mit uns gefallen hat, treffen wir Oliver Schollenberger wieder - diesmal auf dem Fischmarkt. Er hat schon alles vorbereitet. Um den großen, wasserspeienden Fisch liegen von ihm gemalte Bilder von Fischen. Das Besondere daran erklärt er uns gleich: Die Acrylfarbe wird mit Sand und Leim vermischt, so entsteht eine Barriere und ein besonderer, rauer Effekt. In Windeseile entsteht unser Freiluftatelier und die ersten Werke: Fische in allen möglichen Formen und Größen, in tiefblauen Farbtönen vor sommergelbem Hintergrund. Spaziergänger bleiben stehen und staunen, welche Ideen die Kinder entwickeln und mit welcher Konzentration sie bei der Arbeit sind. Die benachbarte Brezelbäckerei Berzel spendiert ganz spontan eine typische speyerer Brezelvesper. Danke!
Schade, dass wir uns nun von Oliver wieder verabschieden müssen, mit ihm hat es großen Spaß gemacht!
Freitag: Und schon ist es wieder Freitag. Wir nutzen das sonnige Wetter und gehen wieder in den Judenhof. Diesmal wollen wir versuchen, unsere zarten Blumen vom letzten Mal, auf der Wiese "einzupflanzen". Unterwegs treffen wir eine Archäologin, die uns von ihrer spannenden Arbeit in der speyerer "Unterwelt" erzählt und den Schätzen, die unter unseren Füßen im Boden verborgen liegen...
Die dritte Woche
Auch die dritte Woche verging wie im Flug: wir begannen den Montag im Rausch der Farbe. An einer provisorischen Wäscheleine zwischen zwei Bäumen haben wir T-Shirts und Basecaps mit Textilfarben gestaltet. Wenn man sie mit Wasser verdünnt und in Sprühflaschen füllt, kann man richtig coole Sprayeffekte erzielen… Saideh und Hannah haben ihre Kunst-Shirts fast die ganze Woche getragen und waren richtige Farbkleckse in der Stadt!
Dienstag kam Susanne Lorenz zu uns und wir zogen gemeinsam in Richtung Adenauerpark. Die Geschichte der Gärten nahmen wir unterwegs im Kreuzgang des ehemaligen Augustinerklosters unter die Lupe. Im Adenauerpark packten wir unsere Malutensilien aus: wunderschöne Papierbögen, feine Pinsel und professionelle Aquarellfarbkästen. Den Unterschied zu Wasserfarben erklärte uns Susanne und zeigte uns die vielfältigen Möglichkeiten dieser Technik. Die Kinder legten sofort los und besonders das Spiel der Lichter durch die Buntglasfenster der Adenauerkapelle faszinierte uns und wir versuchten, die leuchtenden Farben einzufangen. Wir haben viel gelacht mit Susanne, die unseren Tag mit Farbe und Freude gefüllt hat – und echt beeindruckend auf zwei Fingern pfeifen kann!
Mittwoch haben wir einen richtigen Ausflug gemacht: um zu verstehen, wie das Wasser in die mittelalterliche Stadt geleitet wurde, sind wir dem Woogbach stadtauswärts gefolgt. Hier gibt es wunderschöne Stellen zum spielen und Dämme bauen. Bevor wir dann mit dem Bus zurückgefahren sind, haben wir ein Straßengemälde vor das Haus von Christiane gezaubert, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren. Dazu haben wir Flüssigkreide aus Stärke, Wasser und Lebensmittelfarbe selbst hergestellt und mit Pinseln aufgetragen. Der nächste Regen lässt dann alles wieder verschwinden…
Nachdem wir so fleißig gewesen sind, wollten wir Donnerstag mal sehen, was andere Künstler so machen und haben den Kulturhof erkundet und anschließend Bilder im Kulturraum angesehen. Die ausgestellten Dom-Gemälde haben die Kinder direkt inspiriert und wir haben Staffeleien, Leinwände und Acrylfarben auf der Maximilianstraße aufgebaut und eigene Gemälde erschaffen. Die Passanten waren begeistert und wir hätten sicherlich einige Werke direkt verkaufen können, wären sie nicht schon längst den Mamas und Papas der Künstler gewidmet gewesen.
Schon wieder ist die Woche viel zu schnell zu Ende gegangen, und wir nutzten den Freitag, um unsere Erinnerungen an diese Zeit zu sortieren: im Domgarten fanden wir alles, was wir brauchten, um Bilderrahmen zu konstruieren, in denen jeder die schönsten Fotos der Woche mit nach Hause nehmen konnte.
Die vierte Woche
Text und Fotos: Dora Dinse
In der vierten Woche hat uns Mila Flehmer mit auf eine kreative Reise durch die Stadt genommen. Unterstützt von Dieter Böckmann, Anne-Sophie Grünnagel und Romeo Beqirai zogen wir gleich am Montag mit Ton im Gepäck in die "Wälder" des unteren Domgartens. Dort entstanden Waldgeister und Totemschmuck für die stattlichen Baumstämme. Naturnah ging es Dienstag weiter in den Adenauerpark. Bei der Hitze war es angenehm kühl im Schatten der kleinen Kapelle. Am Seerosenteich haben die Kinder mit einer selbstgebauten Angel beinahe einen Fisch gefangen!!!
MIttwoch hatten wir dann einen ganz besonderen Termin: der Eingangsbereich des Stadthauses bedurfte einer kleinen "Farbberatung" durch unsere Experten. Mit flüssiger Kreide malten wir ein farbenfrohes Bodenmosaik ganz zur Freude der Bürgermeisterin Monika Kabs, die sich so freute, dass sie kurzerhand ihre Schuhe auszog und zu Farbe und Pinsel griff. Ganz schnell schloss sie Freundschaften mit den Safarikindern und beim Abschied versprach, sich für ihre Interessen einzusetzen. Als sie später das fertige Werk begutachtete, kamen wir gerade vom Dom zurück, wo wir den Brezelferdinand besucht hatten. Genau in diesem Moment fuhr der Lieferbus der Speyerer Brezelbäckerei vorbei, der selbstverständlich und ganz lässig von der Bürgermeisterin gestoppt wurde und jedes Kind bekam eine Brezel zum Dank.
Donnerstag ging es auf die kühle Klipfelsau zur Konstruktion verschiedener Objekte aus Stöcken und Steinen und wir sprachen viel über diesen Corona-Sommer und was sich alles verändert hat im Leben der Kinder.
Am Freitag wollten die Kinder noch einmal ganz deutliche Spuren in der Stadt hinterlassen und so hingen bald selbstgemalte Safari-Plakate an einer (fast) leeren Litfaßsäule. Wir haben viel miteinander erlebt in dieser Woche, aber besonders wichtig war die Aufmerksamkeit und Herzlichkeit von ganz offizieller Seite, in einer Zeit, in der sich viele Kinder ausgeschlossen fühlen.